Zwischen Ackerboden und Linseneintopf – Der erste Stuttgarter BODENtag

Am 28. Oktober 2025 fand beim Biolandhof Brodbeck in Stuttgart-Möhringen das After-Work-Event,der erste Stuttgarter BODENtag statt – eine gemeinsame Veranstaltung des Ernährungsrats Stuttgart und der Universität Hohenheim mit dem Bauernverband Stuttgart e.V. Im Mittelpunkt: das Thema Boden.

Unter der warmen, letzten Oktobersonne genossen die Teilnehmenden einen frisch zubereiteten, ultralokalen Linseneintopf zu Tee und Glühwein. Das Gemüse dafür stammte direkt vom Biolandhof und war erst am Vortag geerntet worden. Zubereitet wurde das Gericht von Supp_optimal, einer Initiative der Bürgerstiftung Stuttgart, die gerettete Lebensmittel nachhaltig verwertet und an verschiedenen Ausgabestellen in der Stadt bedingungslos zugänglich macht.

Uli Ostarhild vom Ernährungsrat Stuttgart begrüßte die zahlreichen Besucherinnen und Besucher. Er spannte gleich den Bogen zur Filderebene mit ihren besonders fruchtbaren Böden – einem Gebiet, in dem städtische und ländliche Lebenswelten aufeinandertreffen. Ostarhild machte auf die Nutzungskonflikte aufmerksam, die in urbanen Ballungsräumen wie Stuttgart entstehen, wenn Flächen sowohl für Landwirtschaft, Wohnen als auch die Industrie benötigt werden. Trotz der hervorragenden Böden identifiziere man sich in Stuttgart bislang eher mit der Automobilindustrie als mit der Lebensmittelproduktion – ein Grund mehr, auf die Bedeutung des Bodens aufmerksam zu machen.

Das Eventbrachte unterschiedliche Perspektiven zusammen: bürgerschaftliches Wissenlandwirtschaftliche Praxisnaturnahe Erfahrungen und wissenschaftliche Hintergründe.

Till Brodbeck, Leiter des Biolandhofs, freute sich, seinen Hof als Veranstaltungsort zur Verfügung stellen zu können. In einer kurzen Vorstellung gab er Einblicke in seine Arbeit. Durch die stadtnah geprägte Lage setzt der Hof auf Direktvermarktung, unter anderem über die innovative, rund um die Uhr geöffnete „Hofbox“. Till betonte, dass sein Hof bewusst vielfältig aufgestellt sei, um den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein breites, regionales Angebot zu ermöglichen.

Herr Dr. Joachim Ingwersen erläutert das Bodenprofil

Wie auch bei der vorangegangenen Veranstaltung im Stuttgarter Weinberg, war auch dieses Mal wieder das gegrabene Bodenprofil ein Highlight des Abends. Dieses wurde von Dr. Joachim Ingwersen vom Institut für Bio- und Geophysik der Universität Hohenheim erklärt und zum Leben erweckt. Er identifizierte die verschiedenen Bodenhorizonte und erläuterte, dass es sich in der Filderebene um einen typischen Löss-Lehmboden, den sogenannten Filderlehm, handelt. Dieser zeichnet sich durch eine hohe Wasserspeicherfähigkeit und eine sehr gute Nährstoffverfügbarkeit aus. Auf dem Hof von Till Brodbeck konnte Dr. Ingwersen zudem einen besonders hohen Humusgehalt feststellen.

Jochen Brust, Bauernverband Stuttgart e. V. und die Biosiversität im Boden

Im Anschluss hielt Jochen Brust vom Bauernverband Stuttgart einen anschaulichen Vortrag über die Biodiversität im Boden. Er erklärte die enorme Komplexität des Bodens – von der Vielzahl der dort lebenden Organismen über Nährstoffkreisläufe und Symbiosen bis hin zur Bedeutung von Regenwürmern und Fruchtfolgen. Brust betonte, dass die Filderebene zu den fruchtbarsten Regionen Europas gehört und diese Böden für Stuttgart einen unschätzbaren Wert darstellen – nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die gesamte Gesellschaft.

Raffael Sänger vom Liegenschaftsamt Stuttgart sprach anschließend über das sogenannte Flächendilemma der Stadt. In seinem Vortrag zeigte er auf, wie viele Flächen in und um Stuttgart bereits verpachtet sind, wie unterschiedlich Kleingartenflächen bewirtschaftet werden und welche Potenziale ungenutzte oder schwer zugängliche Flächen – etwa an Steilhängen oder entlang von Straßen – bieten könnten. Zugleich wies er auf den Zielkonflikt hin, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig nachhaltige Flächennutzung sicherzustellen. Daran anknüpfend stellte Uli Ostarhild die Stuttgarter Flächenbörse vor – ein Projekt aus dem Maßnahmenplan des Ernährungsrats, das helfen soll, landwirtschaftlich nutzbare Flächen besser zu vermitteln.

Das Unterhosen-Experiment und Ergebnis von drei unterschiedlichen Standorten auf dem Biohof Brodbeck.

Anschließend brachte Johanna Grund, Werkstudentin beim Ernährungsrat Stuttgart, mit einem humorvoller Beitrag Abwechslung ins Programm: Sie präsentierte das sogenannte „Unterhosen-Experiment“. Dabei werden Baumwollunterhosen für eine Zeit lang vergraben. Die wieder ausgegrabenen Unterhosen zeigen, wie aktiv das Bodenleben ist – je stärker zersetzt, desto lebendiger der Boden. Johanna stellte frisch ausgegrabene Exemplare vor und erklärte, was sie über die Aktivität der Bodenorganismen aussagen.

Weiter ging es mit einem Forschungsprojekt der Universität Hohenheim, das Johanna Schaal vorstellte: das ECHOSoil-Projekt. Durch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern soll ein europaweites Boden-Mapping erstellt werden. Unter Anleitung können Interessierte Bodenproben aus ihrem eigenen Garten nehmen, analysieren und die Ergebnisse in eine gemeinsame Datenbank einspeisen.

Und welche Bedeutung dem Boden für die städtische Entwicklung sonst noch zukommt, erläutert Ariane Hindersin, Projektleiterin bei der Landeshauptstadt Stuttgart zur Umsetzung einer „Essbaren Stadt“, und präsentierte ihr Projekt.

Zum Abschluss stellte Juliane Stoye von der Universität Hohenheim, Fachbereich Bioökonomie, das sich dem Ende zuneigende Projekt HuMUS vor. Dieses setzt gezielt kommunale Böden in den Fokus und leistet einen Beitrag für nachhaltige Bodenbewirtschaftung und Bodenschutz.

Im Anschluss wurde die Zeit für regen Austausch und Vernetzung genutzt. Mit dem von Supp_optimal zubereiteten Linseneintopf, Snacks und Tee ließen die Teilnehmenden den Abend in entspannter Stimmung ausklingen.

Die Teilnehmenden, gespannt auf die kommenden Einblicke.
v.l.: Johanna Schaal (Uni Hohenheim), Raffael Sänger (Landeshauptstadt Stuttgart), Ariane Hindersin (Landeshauptstadt Stuttgart), Till Brodbeck (Biolandhof Brodbeck), Johanna Grund (Ernährungsrat Stuttgart), Dr. Joachim Ingwersen (Uni Hohenheim), Juliane Stoye (Uni Hohenheim), Jochen Brust (Bauernverband Stuttgart e.V.), Uli Ostarhild (Ernährungsrat Stuttgart)

Fotos: Juliane Stoye